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Janet Cooke gewann 1981 den Pulitzer Preis
Der Pulitzer-Preis wird unter anderem für herausragende journalistische Beiträge vergeben. Janet Cooke gewann ihren Pulitzer für ihre herzzerreißende Geschichte über einen 8-jährigen Jungen der heroinabhängig war. Der Artikel von Janet Cooke, die zu diesem Zeitpunkt eine junge, aufstrebende Reporterin war, schockierte die Menschen. Doch es gab ein Problem.
Es gab keinen 8-jähigen Jungen der heroinabhängig war. Auch seine Familie, die im Artikel beschrieben wurde, existierte nicht. Janet Cooke hatte den Inhalt des Artikels frei erfunden. Es war ein Lügenmärchen und der Schwindel flog auf. Wenn es um das Thema ESG Investments geht, dann muss man sich eine etwas provokante Frage stellen…
Nein, ich meine damit nicht, dass der Klimawandel nicht echt ist oder dass es keine Länder und Unternehmen mit horrenden Arbeitsbedingungen gibt. Es geht explizit um das Thema ESG Investments. Sind ESG Investments das, was sie versprechen? Oder handelt es sich um Greenwashing, falsche Gewissensberuhigung und Täuschung?
Genau das und mehr behandeln wir in diesem Artikel. Als Basis verwenden wir unter anderem ein Twitter Thread von der herausragenden Lyn Alden. Die Übersetzung ihres Threads dient uns als Leitfaden durch das Thema ESG Investments.
ESG steht für Environment, Social, Governance. Environment fällt unter die Kategorie “Ökologische Nachhaltigkeit”. Hier berücksichtigt man Themen wie Umweltverschmutzung, Treibhausgasemissionen & Co.
Social lässt sich, wie der Name unschwer vermuten lässt, unter die Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit” einordnen. Arbeitssicherheit und der Schutz der Gesundheit sind Aspekte der Social-Dimension.
Governance findest du in der Kategorie “Ökonomische Nachhaltigkeit”. Hier geht es um nachhaltiges Wirtschaften, Compliance, Anti-Korruption & Co.
Für mehr Details empfehle ich dir unseren Artikel Nachhaltig investieren – was ist das eigentlich?
Doch jetzt legen wir los mit…
Lyn Alden beginnt ihren Twitter Thread mit:
„ESG-Investitionen“ in ihrer jetzigen Form ähneln Leuten, die Selfies von sich an schicken Orten machen, um zu zeigen, dass sie dort waren, ohne es wirklich wahrzunehmen und zu erleben.
Hauptsächlich Theater, wenig Substanz.
Wir verschmutzen zum Beispiel die Umwelt, kaufen aber Kompensationen, um das Problem auf jemand anderen abzuwälzen.
Wir verlagern unsere Produktion in ein anderes Land, um den Energieverbrauch zu senken, kaufen dann aber Produkte, die dort hergestellt werden, und machen sie (Anmerkung: Die anderen Länder) für die Umweltverschmutzung verantwortlich.
Das ist Ablenkung, keine Reform.
Die Idee die Umwelt zu schützen, nachhaltig zu wirtschaften, gegen Korruption vorzugehen und die Arbeitssicherheit & Gesundheit von Menschen zu gewährleisten, ist erstrebenswert. Ich denke (oder sagen wir eher ich hoffe), dass hier die breite Masse zustimmen würde. Die Frage ist, ob die jetzige Form von ESG das wirklich macht…
Softwareunternehmen, deren Geschäft darin besteht, Jugendliche mit regelmäßigen Dopaminstößen und dem Missbrauch von Nutzerdaten an ihre Plattform zu binden, stehen an der Spitze der ESG-Investmentindizes, während die Produzenten fossiler Brennstoffe, die Milliarden von Menschen am Leben erhalten und für ihr Wohlergehen sorgen, oft als ganzer Sektor ausgeschlossen werden.
Es besteht die Tendenz, die bestehende Energieerzeugung abzuschalten, bevor es einen brauchbaren Ersatz gibt.
Solar- und Windenergie sind zum Beispiel unstetig. Sie erfordern eine netzweite Speicherung, die es noch nicht in kosteneffizienter Form gibt. Sie erfordern eine massive Produktion von Kupfer, Nickel und anderen Metallen.
Wenn man sich ausrechnet, wie viel Kupfer, Nickel und andere Metalle die Welt produzieren müsste, um den prozentualen Anteil von Öl, Gas und Kohle an der weltweiten Energieproduktion zu senken, dann übersteigt das bei weitem das, was wir derzeit produzieren können. Und diese Metalle erfordern wiederum fossile Brennstoffe, um gefördert zu werden.
Halten wir mal kurz inne. Ich möchte vor allem zwei Dinge herauspicken und etwas näher beleuchten.
Wenn wir uns einen typischen ESG gescreenten MSCI World Index ansehen, dann stehen hier zu Beginn des 2. Quartals 2022 folgende Unternehmen ganz oben:
Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google), Tesla, Facebook, …
Du wirst auch Coca-Cola, Pepsi & Nestle im ESG gescreenten MSCI World Index finden. Ich spare mir hier auf die einzelnen Unternehmen einzugehen, denn man wird in den meisten ESG, SRI oder was auch immer gescreenten Indizes Unternehmen finden, die nur schwer mit dem Thema Nachhaltigkeit vereinbar sind.
Lyn Alden erwähnt in ihrem Twitter Thread folgendes als Beispiel:
Wir verurteilen zu Recht die Menschenrechtsverletzungen, die China den Uiguren antut, aber die größte Position im ESG-ETF von Vanguard ist Apple, das Geschäfte im Wert von einer Viertelmilliarde Dollar mit der Kommunistischen Partei Chinas abschließt.
Die Leute verkaufen also ihre chinesischen Aktien, kaufen stattdessen Apple-Aktien und klopfen sich auf die Schulter.
Währenddessen sind ihr Telefon, ihr Computer, ihr Stuhl, ihre Turnschuhe, ihr Kochgeschirr, ihre elektronischen Geräte und ihr Kinderspielzeug zum Teil in China hergestellt.
Vieles davon ist Schönfärberei.
Natürlich ist das nicht die ganze Geschichte. Es gibt auch echte “hardcore” Nachhaltigkeitsfonds, die keine reine Augenauswischerei sind. Doch das bringt mich auch zum zweiten Punkt:
Und mit “wir” meine ich dich und mich und alle anderen die keine expliziten Fachexperten in jedem einzelnen Nachhaltigkeitsthema sind. Ist jegliche Ölförderung / Ölgewinnung böse? Was hältst du von Atomenergie? Das Mainstream-Narrativ in Österreich ist, dass Atomenergie schlecht ist. In anderen Ländern gilt das Gegenteil. Du wirst, wenn du willst, viele Artikel finden die pro-Atomenergie sind und viele die dagegen sind.
Doch je mehr ich über Atomenergie lese, desto mehr kommt sie mir als die Lösung für viele Energie- und Umweltprobleme vor. Nein, ich bin natürlich kein Atom-Experte, aber ich habe einige Bücher, unzählige Artikel und viele Podcasts zu dem Thema gelesen und gehört. Mein Eindruck daraus ist, dass Atomenergie eine entscheidende Rolle in der Bekämpfung des Klimawandels spielen könnte. Und bitte verstehe mich nicht falsch. Ich will keine Ölfirmen verteidigen, doch die moderne Gesellschaft ist ohne Öl nicht möglich. Eine gesamte Branche pauschal zu verteufeln, scheint mir nicht richtig zu sein.
Ich meine damit nicht, dass wir für immer fossile Brennstoffe als Energielieferant Nr. 1 verwenden sollten (deshalb wirkt Atomenergie runtergebrochen auf ein Kosten/Nutzen-Verhältnis für mich als die beste Lösung). Je detaillierter man sich mit der Energie-Materie beschäftigt, desto klarer ist es für mich, dass das “Schwarz/Weiß” bzw. “Gut/Böse” – Denken keine Lösung ist und auch nicht der Realität entspricht. Und das gilt nicht nur für das Thema Energie.
Ich gebe das Wort wieder Lyn Alden:
Politiker punkten mit ihren Aussagen, indem sie sich vornehmen, eine bestimmte Sache bis zu einem bestimmten Datum zu erledigen, ohne dass die Technologie dafür vorhanden ist.
Oft sind es Nicht-Ingenieure, die technische Entscheidungen treffen.
Und als Wähler fühlen wir uns gut, obwohl wir bisher wenig getan haben.
Der Großteil der Solaranlagen kommt derzeit aus China, wo die Anlagen unter Einsatz von Kohle und gelinde gesagt ethisch sehr fragwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt werden.
Wir wissen noch kaum, wie man Windturbinen recycelt (die aus Erdöl hergestellt werden und nicht biologisch abbaubar sind), also begraben wir sie einfach in Massengräbern.
Wind ist erneuerbar, aber Windturbinen sind es nicht, aber wir tun so, als ob sie es wären, oder nehmen einfach an, dass sie es eines Tages sein werden.
Wir kürzen die bestehende Atomstromproduktion und sind am Ende mehr auf Kohle angewiesen, als wir es sonst wären.
Wir überbauen intermittierende Stromerzeugungsquellen ohne angemessene Speicherung, geraten in Energieengpässe und reagieren dann überrascht und greifen auf Kohle zurück.
Nun, was soll man dazu sagen? Ich bin kein Techniker. Ich bin wie bereits erwähnt auch kein Energieexperte. Ich weiß nicht, ob wir Windturbinen irgendwann oder vielleicht auch jetzt schon besser/vollständig recyceln können. Ich bin auch kein Experte für die Arbeitsbedingungen in China. Doch auch hier: Je mehr ich darüber lese, je eingehender ich mich damit beschäftige, desto verschwommener wird das vermeintliche Gut/Böse Bild.
Sollte es nicht eine eindeutige Meinung zu all diesen Themen geben und machen das nicht genau ESG-Ratingagenturen und Experten? Spiegelt sich das dann nicht in den ESG-Fonds/Indizes wider? Sorry, da muss ich dich enttäuschen. Einerseits ist vieles davon nicht rein wissenschaftlich, sondern sehr stark politisch beeinflusst. Außerdem ist die Materie komplex. Wenn man sich nur das Energiethema ansieht, dann gibt es unter der Berücksichtigung der second & third order Auswirkungen definitiv keine einfachen Antworten. Es gibt übrigens auch keinen Konsens welche Firmen jetzt mehr oder weniger ESG konform sind (siehe dazu diesen Artikel von Aswath Damodaran).
Aswath (der aufgrund seiner Expertise bei Unternehmensbewertungen auch als “Dean of Valuation” bezeichnet wird) beschreibt das Problem in dem Artikel sehr schön:
Any attempts to measure environment and social goodness face two challenges.
In seinem Artikel ESG’s Russia Test: Trial by Fire or Crash and Burn? im März 2022 fasst Aswath das Thema relativ unsanft zusammen (da die Passage länger ist, habe ich sie übersetzt):
Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal über ESG schrieb, tat ich dies, weil ich skeptisch gegenüber dem unbedingten Glauben der Menschen an den Erfolg von ESG war. Ursprünglich glaubte ich, dass es sich um ein fehlerhaftes Konzept handelte, das einer Korrektur bedurfte. Aber nach zwei Jahren der Interaktion mit Leuten, die behaupten, das Konzept sehr gut zu kennen, aber nicht in der Lage zu sein scheinen, solide Argumente dafür zu liefern, und nachdem ich die Übernahme des Konzepts durch wohlhabende Unternehmen mit einer bestimmten Agenda miterlebt habe, bin ich überzeugt, dass es bald nur noch Platz für zwei Arten von Menschen im ESG-Bereich geben wird.
Die erste Gruppe werden die nützlichen Idioten sein, wohlmeinende Individuen, die glauben, dass sie die Sache des Guten vorantreiben, während sie sich in den Schützengräben von ESG-Messdiensten, ESG-Abteilungen von Beratungsfirmen und ESG-Investmentfonds abmühen. Die zweite Gruppe sind die rücksichtslosen Schurken, die die Leere hinter dem Konzept sehr wohl kennen, aber eine Gelegenheit sehen, Geld zu verdienen. Ich weiß, dass dies keine erbaulichen Entscheidungen sind, aber ich sehe keine anderen guten Möglichkeiten, als den Bereich komplett zu verlassen. Viel Glück!
Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass in manchen Fällen das ESG-Narrativ von diversen Personen und Gruppierungen als Waffe gegenüber unliebsamen Themen benutzt wird. Das Beispiel, das ich dazu anführen möchte, ist Bitcoin.
Im März / April 2022 launchten Greenpeace USA gesponsert vom Ripple Founder Chris Larsen (Ripple ist eine 2012 ins Leben gerufene Kryptowährung) eine Kampagne, die dazu aufruft, den Code von Bitcoin zu verändern. Der Grund: Das aktuelle Proof-of-Work System verbraucht zu viel Energie und muss deshalb durch Proof-of-Stake ersetzt werden.
Ich gehe hier jetzt nicht auf alle falschen Aussagen ein (mehr zum Thema Energie in unserem Bitcoin Guide). Aber unter anderem wurde für einen der Hauptkritikpunkte eine “Studie” aus dem Jahr 2018 zitiert (die gerne von allen möglichen Massenmedien verwendet wird), die besagt, dass Bitcoin die Erderwärmung um 2 Grad steigern wird. Die “Studie” (die Anführungszeichen sollen verdeutlichen, dass das Wort Studie hier nicht ganz zutrifft ;)) wurde im selben Journal kurz nach der ursprünglichen Veröffentlichung 3x als völlig falsch widerlegt. Das Modell, das zur Berechnung verwendet wurde, war grundlegend falsch.
Sieht man sich das Modell an, ist es eindeutig, dass die Verfasser die technische Funktionsweise von Bitcoin nicht verstanden haben. Wie es dieses Werk in ein renommiertes Journal schaffte, ist eine weitere Frage, die man sich stellen muss. Aber gut, zumindest wurde der Inhalt eindeutig widerlegt…
Wird hier einfach nicht gut recherchiert? Das muss man bezweifeln, denn wenn man nur 3 Minuten Zeit investiert, realisiert man, dass die Studie völliger Humbug ist. Hanlons Rasiermesser besagt, dass man bei menschlichem Fehlverhalten nicht Böswilligkeit unterstellen sollte, wenn es durch Dummheit erklärbar ist. In vielen Fällen stimmt das. Doch in diesem Fall ist das nur schwer zu glauben. Die Greenpeace USA Kampagne ist intellektuell verlogen und unredlich. Ich weiß nicht, was das echte Motiv hinter der Kampagne ist. Doch hier wird das ESG-Narrativ als Waffe verwendet – mit der Verbreitung von Lügen und Falschinformationen. Kurz gesagt: Es ist eine Shitshow unvorstellbaren Ausmaßes.
Das World Economic Forum (WEF) hat 2017 bekannt gegeben, dass Bitcoin im Jahr 2020 die gesamte Energie der Welt verbrauchen wird. Wie sieht es jetzt 2022 aus? Na ja, wir sind noch immer bei 0,1 bis 0,5%. Da haben sie sich also leicht verschätzt. Als WEF so etwas zu verbreiten ist eigentlich unfassbar. Wie soll man damit umgehen? Meine Reaktion ist, nach anfänglichem Ekel, die folgende:
Bitcoin ist vermutlich – wenn man die Grundgedanken der ESG Kriterien wirklich ernst nimmt – eines der nachhaltigsten Investments überhaupt (mehr dazu in unserem BTC Guide oder auch im Artikel Bitcoin is the most ESG-friendly investment in my clients’ portfolios von Andy Edstrom). ACHTUNG: Das ist aber keine Anlageempfehlung oder eine Aufforderung zum Kauf von Bitcoin. Das ist nur ein Beispiel, um zu zeigen, wie fehlgeleitet offizielle ESG-Standpunkte manchmal sind.
Es ist eines der Themen bei dem ich mich als etwas bewandert bezeichnen würde. Deshalb fallen mir Lügen, Falschdarstellungen & das Verdrehen von Tatsachen schneller auf. Doch in vielen Bereichen die ESG behandelt ist das Erkennen von Lügen nicht so einfach. Manchmal sind es vielleicht auch keine glatten Lügen, sondern Halbwahrheiten. Dann wird es noch schwieriger. Denn wer will nicht die Umwelt schützen? Wer will sich nicht für eine funktionierende Welt für unsere Nachfahren einsetzen?
Doch was ist, wenn das Thema zumindest teilweise von wohlhabenden Unternehmen ausgenutzt wird und wir alle mit Propaganda zugemüllt werden? Dann wird es zur Farce.
„ESG“ as currently used is corporate, sanitized, and nearly meaningless.
It’s like the word „synergy“. It’s a TPS report.
It’s policymakers vowing to increase taxes on public air travel while excluding the impact on private jets for themselves. That sort of thing.
Die nächsten Punkte von Lyn Alden sind für mich besonders wichtig:
Ich bin zu 100 % für den Umweltschutz. Wir sollten uns unbedingt dafür einsetzen, dass weniger Schadstoffe in die Luft, das Wasser und den Boden gelangen.
Und ich bin sehr für vielfältige Verwaltungsräte. Ein breiter Erfahrungshintergrund ist für das Risikomanagement und die Wachstumschancen von Vorteil.
Und ein gutes Unternehmen kümmert sich langfristig um seine Mitarbeiter und Kunden, anstatt nur die Führungskräfte und Aktionäre in den Vordergrund zu stellen.
Nucor (Anmerkung: Ein Stahlerzeuger in den USA) hat US Steel zum großen Teil deshalb übertroffen, weil es sich über die Zyklen hinweg um seine Mitarbeiter gekümmert und erkannt hat, wie wertvoll sie sind.
Wir sollten Unternehmen, die Gutes tun und Mitarbeiter und Kunden gut behandeln, grundsätzlich belohnen. Auch die, die Umwelteffizienz auf lange Sicht maximieren, gehören belohnt. Und die, die sich ihrer Grenzen und Echokammern bewusst sind und sich um vielfältiges Fachwissen bemühen, um erfolgreich zu sein.
Ich habe das GIF hier nur eingefügt, damit du kurz verschnaufen kannst.
Es geht weniger darum, in welchem Sektor ein Unternehmen tätig ist und welche Kästchen es abhakt, sondern vielmehr darum, ob es im Kern seiner Unternehmensphilosophie den Schwerpunkt auf langfristige oder kurzfristige Investitionen und Interessengruppen legt.
Bei den meisten Maßnahmen von Regierungen und Unternehmen geht es um den nächsten Wahlzyklus oder den nächsten Quartalsbericht. Fast alle sind kurzfristig.
Echter Fortschritt beruht auf langfristigem Denken und nachhaltigen Konzepten, nicht auf kurzfristigem Punktesammeln und Signalisieren.
Wenn wir nur so tun, als ob wir etwas Gutes tun, um in der Wahrnehmung anderer bestimmte Punkte abzuhaken, während wir immer noch das tun, was wir vorher getan haben, verlangsamt das den tatsächlichen Fortschritt.
Eines der schlimmsten Dinge ist das Gefühl zu haben, etwas Konstruktives zu tun, ohne es tatsächlich zu tun.
Ich habe vorhin bereits den Artikel ESG’s Russia Test: Trial by Fire or Crash and Burn? von Aswath Damodaran erwähnt. Ein paar Passagen daraus (für die vollen Infos, lies dir bitte den Artikel) möchte ich aber noch herauspicken. Ich habe sie hier übersetzt (die beiden Bullet Points stammen also von Aswath, bis auf meine Anmerkungen):
Es gibt wahrscheinlich kein Phänomen, über das unter ESG-Fachleuten mehr gejammert wird als über „Greenwashing“, bei dem Unternehmen „Gutes tun“ durch „gut aussehen“ ersetzen. Diese Beschwerden lassen jedoch eine unangenehme Wahrheit außer Acht, nämlich dass Greenwashing genau das Ergebnis davon ist, dass ESG zu einem System von Noten und Rankings wird. Ich bin bereit, mit jedem ESG-Gläubigen eine Wette einzugehen, dass Greenwashing umso allgegenwärtiger und raffinierter wird, je mehr ESG-Dienste und Regulierungsbehörden versuchen, dagegen vorzugehen. Die größten und profitabelsten Unternehmen werden die Mittel haben, das System besser zu manipulieren und die bereits bestehenden Verzerrungen in den aktuellen ESG-Bewertungen noch zu verstärken.
In den letzten zehn Jahren wurden ESG-Verkaufsargumente durch die scheinbar überdurchschnittliche Performance von ESG-basierten Investitionen unterstützt, obwohl fast die gesamte überdurchschnittliche Performance auf den Tech-Fokus und die Sektorkonzentration von ESG zurückzuführen war. Jetzt (Anmerkung: 2022), da sich der Markt verändert hat und ESG-basierte Strategien eine schwache Performance aufweisen, versuchen die ESG-Fondsmanager, ihren Kunden zu erklären, warum dies nur eine vorübergehende Phase ist und, dass gute Tage vor der Tür stehen.
Das ist Unsinn!
Sobald die ESG-Komponenten, auf die es ankommt, eingepreist sind, werden ESG-gebundene Fonds niedrigere Renditen erzielen als Fonds, die nicht unter diesen Einschränkungen arbeiten. Wie ich bereits in einem meiner früheren Beiträge zu ESG angemerkt habe, ist die Behauptung, dass ein eingeschränktes Optimum ein nicht eingeschränktes Optimum beständig schlagen kann, als sophistry (Anmerkung: Ich musste das Wort selbst nachschlagen und habe es deshalb auf Englisch stehen lassen. Die Bedeutung: die Verwendung geschickter, aber falscher Argumente, insbesondere in der Absicht, zu täuschen.) zu bezeichnen. Die Tatsache, dass einige der größten Namen im Investmentgeschäft diese Argumente vorgebracht haben, sagt mehr über sie als über ESG aus.
Als Beispiel schreibt er:
Es lässt sich nicht leugnen, dass die börsennotierten Ölgesellschaften, vor allem im Westen, unter dem Druck der Investoren ihre Suche nach Öl und Gas zurückgefahren und manchmal auch ihre Reserven verkauft haben. Das Schlüsselwort ist hier „verkauft“, denn diese Reserven wurden häufig von Private-Equity-Investoren gekauft, die in den letzten zehn Jahren insgesamt mehr als eine Billion Dollar in die Reserven und die Erschließung fossiler Brennstoffe investiert haben.
Ist es da eine Überraschung, dass die Welt trotz aller ESG-Erfolge weiterhin in hohem Maße von fossilen Brennstoffen abhängig ist? Alles, was die ESG-Aktivisten erreicht haben, ist, dass die Reserven an fossilen Brennstoffen aus den Händen der börsennotierten Ölgesellschaften in den USA und Europa, die sich verpflichtet fühlen würden, diese Reserven verantwortungsvoll zu erschließen, in die Hände von Menschen übergegangen sind, die bei der Erschließung weit weniger gewissenhaft vorgehen. Wenn das in der ESG-Welt ein Gewinn ist, dann möchte ich nicht wissen, wie es aussieht, wenn man verliert.
Ich habe Lyn Alden und Aswath Damodaran als Quelle für diesen Artikel verwendet, da ich bei beiden das Gefühl habe, dass sie rational und unbeeinflusst über die Themen schreiben. Und außerdem hätte ich es an einigen Stellen niemals so schön und fundiert ausdrücken können wie die beiden 😉
Am Ende kommt es sehr stark auf das individuelle Empfinden an – doch um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, sollte man die Themen, die wir in diesem Artikel aufgreifen zumindest bedenken und ansatzweise verstehen.
Wer ein hardcore Nachhaltigkeitsportfolio konstruieren will, der kann das machen (wir machen das auch für Klienten). Es gibt sehr gute Themenfonds für die verschiedensten Nachhaltigkeitsbereiche. Auch ESG-gescreente Fonds an sich sind nicht per se zu verabscheuen. Dieser Eindruck soll mit diesem Artikel auf keinen Fall entstehen. Doch man sollte sich darüber bewusst sein, was man wirklich mit so einem Fonds unterstützt und macht.
Wer nur ESG-Fonds wählen würde, weil sich das besser anfühlt, der sollte nochmals darüber nachdenken und überlegen, ob dies wirklich zielführend ist. Wie Lyn Alden anführt: Eines der schlimmsten Dinge ist das Gefühl zu haben, etwas Konstruktives zu tun, ohne es tatsächlich zu tun.
Wir wissen dieser Artikel liefert keine explizite und einfache Lösung für das Problem. Die gibt es nicht. Doch wir finden es wichtig sich mit diesem Thema kritisch auseinanderzusetzen. Wir sehen unsere Aufgabe als Finanzplaner- und Berater nicht darin auf einen Marketing-Zug aufzuspringen, auch wenn er sich schön anhört und gut verkaufen lassen würde. Wenn er am Ende etwas verspricht, das er aktuell nicht halten kann, dann gehört das unserer Meinung nach thematisiert und angesprochen.
Ich denke darauf gibt es keine explizite Antwort. Das Wort Schwindel ist vielleicht zu hart. Vielleicht trifft Halbwahrheit besser zu. Der Schaden, der durch diese Halbwahrheiten langfristig verursacht wird, ist schwer abzuschätzen. Ich habe diesen Artikel vor allem geschrieben, um unseren Klienten & Klientinnen dabei zu helfen das Thema besser zu verstehen bzw. sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Vielleicht reagiere ich auch leicht allergisch auf “Brainwashing” der Massen und musste mir das einfach von der Seele schreiben 😀
Ein letzter Gedanke noch bevor wir zu deinen nächsten Schritten kommen:
Das Thema ESG ist nicht statisch. Vielleicht ändert sich in diesem Bereich etwas (hoffentlich zum Besseren) – dann würden wir darüber natürlich auch wieder berichten. Und nichtsdestotrotz halten wir uns natürlich auch an alle gesetzlichen Auflagen und informieren und beraten im Detail über das Thema Nachhaltigkeit im Rahmen unserer Geldanlageberatung.
1. Wenn du wissen willst, welche drei Finanzplanungsfehler du nicht machen solltest, worauf es bei Versicherungen wirklich ankommt und wie du zu Boni für Uni- und FH-Absolventen in allen Finanz-Bereichen kommst, dann solltest du dir unseren ultimativen Finanzplanungsguide downloaden.
2. Wenn du sofort damit beginnen willst, deine Anlage besser zu machen, egal ob mittel- oder langfristig, egal ob mit hardcore Nachhaltigkeitsfonds oder ohne diesen Fokus… Sprich mit uns. Österreichweit per Video. Kostenfrei & unverbindlich. Mit Spezialdeals für Uni- und FH-Absolventen. Für mehr Infos klicke den Button.